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Hexenschuß

Akute Rückenschmerzen - von Medizinern Lumbago genannt

Was der Volksmund „Hexenschuss“ nennt, ist ein plötzlicher Schmerz im Lendenwirbelbereich, der unmittelbare Bewegungsunfähigkeit verursacht. Mediziner bezeichnen diese akuten Schmerzen im Lendenwirbelbereich als Lumbago oder akutes Lendenwirbelsyndrom.
Typisch für einen Hexenschuss im Lendenwirbelbereich sind blitzartige Kreuzschmerzen. Diese treten vor allem nach schwerem Heben oder bei abrupter Bewegung auf. Der Schmerz verstärkt sich beim Husten oder Niesen und kann in der gespannten Muskulatur zum Rücken aufwärts und in das Gesäß ausstrahlen. Häufig wird der Hexenschuss durch eine Lageveränderung des Körpers ausgelöst.
Zu den Hauptursachen zählen unter anderem hastig ausgeführte Bewegungen wie schnelles Bücken und Wiederaufrichten, das Heben von Lasten und eine schwache Rückenmuskulatur oder auch starke Zugluft. Darüber hinaus können Reizungen der Wirbelgelenke und geschädigte Bandscheiben, die auf die Nervenwurzeln drücken, die Entstehung begünstigen.
Die Beschwerden eines akuten aber unkomplizierten Hexenschusses klingen in der Regel nach etwa einer Woche langsam ab, neurologische Beschwerden kommen meist nicht hinzu.
Das typische Alter, um einen Hexenschuss zu erleiden, liegt zwischen dem 25. und 50. Lebensjahr. Im späteren Lebensverlauf tritt das Leiden nur noch vereinzelt auf, da die Wirbelsäule zunehmend verknöchert und unbeweglich wird. Männer und Frauen sind fast gleich häufig betroffen.


Um den Ursachenhergang und die plötzlichen Schmerzen eines akuten Hexenschusses besser verstehen zu können, ist es wichtig, den Aufbau der Wirbelsäule zu verstehen.

 

Funktion der Wirbelsäule


Die Wirbelsäule bildet die große Längsachse des Skeletts und besteht aus 24 segmentförmigen Knochen, den Wirbeln. Sie ist wie ein doppeltes S geschwungen und besteht aus harten (Wirbeln) und weichen (Bandscheiben) Elementen. Muskeln umschließen die Wirbelsäule und verleihen ihr Stabilität und Festigkeit. Darüber hinaus bewegen die Muskeln die Wirbelsäule in alle Richtungen, die durch den Bau der Wirbelsäule vorgegeben sind.
Die Bandscheiben liegen wie eine Art Stoßdämpfer zwischen den einzelnen Wirbelkörpern. Gelenkkapseln umschließen die Wirbelgelenke mit einer bindegewebsartigen Hülle. Bänder, Muskulatur und Bandscheiben sorgen dafür, dass die Wirbelsäule gleichzeitig stabil und beweglich ist.
Die Wirbelsäule umschließt und schützt das Rückenmark (Nervengewebe), welches sich in einem Kanal durch die Wirbelkörper nach unten zieht. Vom Rückenmark aus ziehen Nervenfasern in alle Bereiche des Körpers – sie treffen dort auf sogenannte Schmerzrezeptoren. Die Schmerzrezeptoren reagieren auf die unterschiedlichsten Reize und werden unter anderem bei einer schädigenden Einwirkung oder Reizung stimuliert. Schmerzreize gelangen über die Nervenfasern zurück ins Rückenmark und von dort weiter ins Gehirn, wo sie weiterverarbeitet bzw. gespeichert werden.


Ursachen

Für ein akutes Rückenleiden wie dem Hexenschuss sind einige Ursachen bekannt. Meist gehen einem akuten Rückenleiden lang andauernde Fehl- oder Überbelastungen der Wirbelsäule(z. B. eine sitzende Tätigkeit mit monotonen Bewegungsabläufen oder häufiges schweres Heben) voraus. Auch plötzliche Drehbewegungen, wie sie etwa beim Golf spielen vorkommen, können zu einem akuten Lendenwirbelsyndrom – dem sogenannten Hexenschuss - führen.

Akute Rückenschmerzen können durch folgende Ursachen ausgelöst werden:
 

  • Muskelverspannungen: Verkrampfte und harte Muskeln können Nervenreizungen auslösen und über das Schmerzleitsystem Rückenschmerzen auslösen. Schonhaltung und wenig Bewegung verstärken die Beschwerden.
  • Blockade der Wirbelkörper: Durch ungünstige Körperbewegungen, z. B. wenn schwere Lasten aus einer ungewöhnlichen Haltung heraus gehoben werden, können die kleinen Wirbelgelenke verkanten. Das Gelenk öffnet und schließt sich nicht mehr – es blockiert. Die mit Nervenfasern durchzogene Gelenkkapsel gerät unter Spannung und strahlt Schmerzen aus.
  • Instabile Muskulatur: Der Wirbelgelenk-Bandscheibenkomplex wird durch eine schwache Muskulatur gelockert und reibt aneinander. Durch die Abnutzung und den Verschleiß kann es zu Rückenbeschwerden kommen.
  • Zerrungen: Durch falsche Drehbewegungen wird die Kapsel des Wirbelgelenks gezerrt. Die Symptome gleichen denen einer Blockade.
  • Bandscheibenvorwölbung: Durch ungünstige Bewegungen kann sich der innere Bandscheiben- druck erhöhen und auf Nervenwurzeln drücken. Bei der Druckbelastung können starke Schmerzen entstehen.
  • Bandscheibenvorfall: Nur selten ist ein Bandscheibenvorfall die Ursache für plötzlich auftretende Rückenschmerzen. Dabei kann es neben starken Schmerzen zu Taubheitsgefühlen und Bewegungsausfällen kommen. In diesem Fall ist dringend der Hausarzt bzw. ein Orthopäde aufzusuchen!


Weitere Faktoren die akute Rückenschmerzen begünstigen können:
 

  • Bewegungsmangel
  • Übergewicht
  • Körperliche Schwerarbeit, die mit viel „Überkopfarbeit“ verbunden ist (z. B. Maurer, Maler)
  • Verspannungen durch seelische Belastung



Symptome

Um von akuten Rückenschmerzen bzw. einem Hexenschuss zu sprechen, dürfen die Beschwerden nicht länger als sechs Wochen andauern. Andernfalls spricht man von chronischen Rückenschmerzen.
Das Leitsymptom eines Lendenwirbelsyndroms ist der entlang des vierten und fünften Lendenwirbels ausstrahlende Schmerz. Aufgrund der heftigen Schmerzen nimmt der Betroffene eine ausgeprägte Schonhaltung ein. Jede kleinste Bewegung verursacht einen stechenden Schmerz (ähnlich wie ein „Schuss“) im Lendenbereich, zusätzlich zieht sich die Rückenmuskulatur krampfartig zusammen.
In der Regel beschränkt sich der Schmerz auf den Lendenwirbelbereich, hin und wieder kann er aber auch in Gesäß und Oberschenkel ausstrahlen.
Geht die Ursache auf den vierten Lendenwirbel zurück, kann der Schmerz von der Oberschenkelaußenseite zur Unterschenkelinnenseite über das Knie hinweg ausstrahlen. Der Kniesehnenreflex ist erloschen.
Ist der fünfte Lendenwirbel betroffen, so kann der Schmerz vom Gesäß über Ober- und Unterschenkel-Außenseite zum Fußrücken ausstrahlen.
Es ist möglich, dass die typischen Anzeichen eines Hexenschusses sowohl von vegetativen Symptomen wie Schwitzen der Handflächen oder Herzrhythmusstörungen als auch von Bewegungseinschränkungen, Steifheit und Sensibilitätsstörungen begleitet sind.
Sollten sehr starke Rückenschmerzen, Lähmungserscheinungen der Beine und Störungen der Blasen- und Darmfunktion hinzukommen, so ist der Besuch bei einem Neurologen unumgänglich!

Diagnose

Die äußere Haltung des Körpers spiegelt in der Regel den Zustand des Patienten wider. Der Arzt wird sich am Erscheinungsbild und der Krankengeschichte (Anamnese) des Betroffenen orientieren.
 

  • Wie kam es zu dem Ereignis?
  • Steht der Patient unter großem Stress?
  • Steht er gebeugt?
  • Sind die Schmerzen auf den Rücken beschränkt oder strahlen sie zusätzlich in die Beine aus?


Bei sehr starken Schmerzen wird der Arzt sich zunächst darauf beschränken, folgenschwere Erkrankungen (beispielsweise einen Bandscheibenvorfall) auszuschließen.
Durch eine neurologische Untersuchung werden die Sensibilität, die Beweglichkeit und die Muskelreflexe geprüft. Spezielle Tests zur Prüfung der Schmerz- und Reflexsymptomatik dienen dazu, den vom Hexenschuss betroffenen Lendenwirbel zu identifizieren.
Durch gezieltes Ertasten kann der Arzt die Beweglichkeit kleiner Wirbelgelenke untersuchen, auch Verhärtungen und Verspannungen  der Rückenmuskulatur werden auf diese Weise aufgespürt.
Häufig ist, auch aufgrund der hohen Strahlenbelastung, eine Röntgenaufnahme nicht nötig. Im Zweifelsfall kann eine Kernspintomographie die Verdachtsdiagnose erhärten.
Wirbelblockaden und Muskelzerrungen sind auf einem Röntgenbild nicht zu erkennen. Liegt jedoch ein Unfall vor, sollte die Wirbelsäule geröntgt werden, um potentielle Wirbelverschiebungen oder Brüche auszuschließen.
Eine Blutuntersuchung kann Hinweise auf Mangelerscheinungen und Stoffwechselstörungen geben, die einen Knochenabbau (Osteoporose, Osteomalazie) begünstigen.
    
Therapie

Gegen ein Lendenwirbelsyndrom existieren eine Reihe von Therapiemaßnahmen, die in der Regel gute Wirkungen erzielen. Es gibt keine Standardtherapie, vielmehr ist ein individuell auf jeden Patienten abgestimmtes Behandlungskonzept gefragt. Ziel der Therapie ist die Linderung der Schmerzen und die Entkrampfung der Muskulatur.
Darüber hinaus wird der Arzt versuchen die blockierten Wirbelgelenke einzurenken und die Beweglichkeit des Wirbelgelenks wieder herzustellen.

Weitere Behandlungsmöglichkeiten sind:
 

  • Stufenbettlagerung: Hierbei liegt der Patient in Rückenlage, die Beine werden auf einen Schaumstoffwürfel abgelegt, wobei die Hüft- und Kniegelenke annähernd einen 90° Winkel aufweisen sollten.
  • Medikamente: Zur akuten Schmerzlinderung können schmerzlindernde, entzündungs-hemmendende und muskelentspannende Medikamente oder Injektionen an der Nervenwurzel verabreicht werden. Die gezielten Spritzen in den Schmerzbereich der Wirbelsäule sind besonders wirksam.
  • Wärmetherapie: Muskelverspannungen können sehr effektiv mit Wärme gelöst werden. Unterstützende Anwendungen sind unter anderem Wärmekissen, Wärmepacks, warme Bäder, ABC-Pflaster oder durchblutungsfördernde Salben.
  • Physikalische Therapie und Massagen: Die Rückenmuskulatur kann mit Massagen oder physikalischen Dehnübungen gelockert werden. Die Ursache eines Lendenwirbelsyndroms ist durch die Behandlung allerdings nicht beseitigt.
  • Akupunktur: Bei der Akupunktur geht es vorrangig um die Aktivierung von Selbstheilungs- kräften, die durch eine gezielte Stimulation auf die inneren Organe einwirken. Häufig ist eine Kombination mit leichten Schmerzmitteln sehr wirkungsvoll.
  • Entspannungsverfahren und Rückenschule: Nach der akuten Phase ist das Hauptziel, Bauch- und Rückmuskulatur zu stärken und möglichst in qualifizierten Rückenschulen zu lernen, sich im Alltag rückenfreundlich zu bewegen, um sich vor einem Rückfall zu schützen. Entspannungsübungen wie autogenes Training oder progressive Muskelentspannung helfen, innere Anspannung, die sich unter anderem auf die Rückenmuskulatur überträgt, abzubauen.


Welche Therapie-Maßnahmen im individuellen Fall in Frage kommen, sollte im Gespräch mit dem behandelnden Arzt geklärt werden. Auf keinen Fall sollten Sie bei akuten Rückenschmerzen länger als zwei Tage im Bett verbringen. Bettruhe bringt bei einem unkomplizierten Hexenschuss mehr Schaden als Nutzen!

Vorbeugen

Die beste Vorbeugung gegen einen Hexenschuss sind eine gut ausgebildete Rückenmuskulatur und ausreichend Bewegung.
 

  • Geeignete Sportarten sind vor allem Schwimmen, Fahrradfahren, Nordic Walking, Rückengymnastik und an die körperlichen Grenzen angepasstes Fitnesstraining.
  • Unbewusst falsche Bewegungsmuster und ruckartige Bewegungen sollten unbedingt vermieden werden! Gehen Sie beispielsweise beim Bücken immer in die Knie und beugen Sie ihren Rücken nicht. Verteilen Sie beim Tragen von schweren Lasten das Gewicht gleichmäßig auf den ganzen Körper.
  • Achten Sie auf rückenfreundliches Arbeiten mit Entspannungsphasen. Bei sitzenden Tätigkeiten ist ein zweckmäßiger Schreibtischstuhl von großer Bedeutung.
  • Wenn Sie an Übergewicht leiden, versuchen Sie es los zu werden! Jedes Pfund zu viel belastet ihren Rücken.
  • Wer ungern Sport treibt, sollte sich einer Sportgruppe bzw. einem Sportverein anschließen. Nur wer sich bewegt und fit hält kann auf eine schnelle Heilung bzw. dauerhafte Gesundheit hoffen!


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